Bericht zum Workshop „Ist das Social Web 2.0 ‘rechts’? Über Strategien Rechtsextremer im Netz und was dagegen getan werden kann“
Hasskommentare im Internet oder z.B. Fake-News sind längst keine Einzelphänomene mehr, sondern finden sich mittlerweile weit verbreitet im Internet und beeinträchtigen den Diskurs zu unterschiedlichsten Themen zunehmend. Welche Strategien werden jedoch mit Hassrede im Internet verfolgt und was kann dagegen getan werden? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, veranstaltete der Kreisjugendring Dachau und das Max Mannheimer Studienzentrum mit Unterstützung des BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ einen Workshop im Max Mannheimer Studienzentrum, der am Dienstag, den 04. April 2017 stattfand. Geleitet wurde der Workshop von Christina Dinar, die das Projekt „debate – für digitale demokratische Kultur“ (vormals no-nazi-net) bei der Amadeo-Antonio-Stiftung leitet. In der Veranstaltung beschäftigte sich die Teilnehmenden mit Hassrede im Internet, Fake-News und den Möglichkeiten der Gegenrede.
Die Referentin begann zunächst mit einem Input-Vortrag, indem sie die Arbeit der Amadeo-Antonio-Stiftung in der Onlineprävention von Hassrede im Internet vorstellte und auf zentrale Begrifflichkeiten in diesem Arbeitsfeld einging. Dabei machte sie deutlich, dass Hatespeech eine onlinevariante der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist und sich von Cyber-Mobbing unterscheidet. Letzteres bezieht sich auf Einzelpersonen oder eine klar umrissenen Personengruppe und wirkt sich negativ auf deren digitale Lebensführung aus. Anschließend zeigte Frau Dinar anhand von Studien auf, wie verbreitet Hassrede im Internet ist, und wies darauf hin, dass bei den 14-35 Jährigen rund 30 Prozent bereits mit Online-Hassposts oder unseriösen Medien in Sozialen Netzwerken konfrontiert wurden. Zudem ging sie anhand von Beispielen auf unterschiedliche TäterInnengruppen ein, die Hassrede im Internet verbreiten. Dazu zählen neben politisch motivierten Hatern, Hategroups und Internetrollen auch der so genannte „Subkultur Battle Rap“, bei dem im Rahmen eines Rap-Wettbewerbs die größte Abwertung gewinnt. Ferner veranschaulichte die Referentin, welche Ziele mit Hatespeech verfolgt werden können. Das kann die Einführung von toxischen Narrativen in Debatten sein, die Verwendung einer gewaltanstiftenden Sprache, aber auch die gezielte Verschiebung des Sagbaren und die Einführung von bestimmten Begriffen, wie dem der „Lügenpresse“. Anschließend stellte Dinar die Aktivitäten unterschiedlicher rechtsextremer und rechtspopulistischer Organisationen in Sozialen Netzwerken vor, die einen zentralen Stellenwert in der Öffentlichkeitsarbeit dieser Organisationen haben. So hat z.B. die AfD deutlich mehr likes auf Facebook als etablierte Parteien und schafft sich mit ihrer Facebook-Seite praktisch eine Gegenöffentlichkeit. Im Anschluss daran setzte sich die Referentin mit Fake-News und Social Bots auseinander und machte deutlich, welche Ziele mit dem Einsatz dieser Tools verfolgt werden. Danach widmete sich die Referentin Strategien und Möglichkeiten der Gegenrede und sogenannter Counter Narratives, die sich gegen Hasserzählungen im Internet richten. Die Gegenrede spricht sich direkt oder indirekt gegen Hasserzählungen im Internet aus und arbeitet mit einer ggf. weltanschaulich fundierten Überzeugung, Logik, Fakten oder Humor. Alternative Erzählungen setzten Radikalisierung, Hass und Gewalt positive Geschichten über soziale Werte, wie Toleranz, Vielfalt, Freiheit und Demokratie entgegen. Zudem gibt es als Gegenmaßnahmen auch Aktionen, die über die Funktionsweise von Demokratie und Politik aufklären und eventuell auch einzelne politische Entscheidungen erläutern und diese transparenter machen. Die Aufklärung über die zahlreichen Gegenstrategien erschöpfte sich jedoch nicht in einem reinen Input-Vortrag der Referentin, sondern wurde ergänzt durch eine interaktive Übung, in der die TeilnehmerInnen Möglichkeiten der Gegenrede unter Hasskommentaren sogleich praktisch anwenden konnten. Abschließend stellte sich Christina Dinar noch Fragen der TeilnehmerInnen, die in dem Workshop viel über das erschreckend hohe Ausmaß von Hassrede im Internet erfahren haben, aber auch vermittelt bekamen, dass es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, mit denen nicht nur der Staat sondern jede und jeder Einzelne gegen das Phänomen vorgehen kann.