„Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“ (Albert Schweitzer, deutscher Arzt, Theologe, Musiker und Philosoph, 1875 – 1965)
… und darum möchte ich mit euch teilen, was das Glück mir beschert, wenn ich mich mit den Kindern der Klassen 1a und 1b der Verbandsgrundschule und der 2f der Grundschule Krenmoosstraße in Karlsfeld auf Glückssuche begebe.
Ein Mal monatlich werde ich in diesem Blog geglückte, glückliche Momente festhalten, und ebenso die unglücklichen, welche, die zum Nachdenken anregen, und welche, die einen kleinen Einblick bieten in das, was die Kinder und ich miteinander erleben und erarbeiten.
Kathrin Feldmann, Ganztagspädagogin
Seit Beginn dieses Schuljahres gibt es in der Verbandsgrundschule zwei erste Ganztagesklassen, die ich je 2 x 2 Schulstunden pro Woche besuche. Im Wechsel findet eine Glückswoche, gefolgt von einer Demokratiewoche statt, am Ende des Schuljahres werden wir uns dann der Zukunft widmen. In der Grundschule Krenmoosstraße gibt es die 3 Fächer Glück, Demokratie und Zukunft bereits seit 2 Jahren, ich übernehme hier nun die Klasse 2f. Meistens sind wir zu zweit während dieser Stunden: Julia Kraus und Hanna Kreis sind mit mir in der Verbandsgrundschule beziehungsweise der Krenmoosstraße. Wir Glückslehrerinnen kommen vom Kreisjugendring Dachau, der das Modellprojekt „Demokratische Schule“ ins Leben gerufen hat, mehr Infos hierzu unter:
https://www.kjr-dachau.de/demokratie-leben/modellprojekt-demokratische-schule/modellprojekt
und https://www.schule-der-demokratie.eu
Glücklich macht mich, den Kindern in den gemeinsamen Stunden auch mit Musik und Theater begegnen zu dürfen, denn das ist neben Pädagogik und Musiktherapie ein weiterer meiner Berufe. Auch wenn mir klar ist, dass Glück flüchtig ist, so werden die Kinder und ich es doch hier und da einzufangen wissen, um es zu erforschen und anzuwenden, wenn traurige Momente uns streifen.
Erster Schultag:
Glück strahlt aus den Augen der Kinder, als sie das Schulgelände am ersten Schultag betreten. Sie stehen am Beginn eines neuen Lebensabschnittes, auf den sie schon so lange hin fieberten. Gleichzeitig ist da auch Furcht sichtbar, die sie mutig überwinden, als sie Mama oder Papa ihre Schultasche übergeben, und mit vollgepackter Schultüte zum ersten Mal ihre Klassenkameraden treffen und ins Klassenzimmer gehen. Zerbrechlich und verletzlich sehn sie aus, alle, Kinder wie Eltern, hinter ihren tapferen Fassaden – alle haben sich schön gemacht für diesen denkwürdigen Tag, der auch Abschied und Loslassen ist. Glück und Trauer, alles ist gleichzeitig sichtbar und fühlbar, so wie so oft, oder sogar meistens. Denn Glück und Unglück sind wahrscheinlich nur zwei Seiten derselben Medaille aus dem einen Stoff, der Leben heißt.
Glückswoche:
Wir lernen einander kennen. Wie ginge dies leichter, als miteinander zu tanzen und zu singen und – in Sterne zu gucken…
So gibt es ab sofort den Happysong, den wir zu Beginn einer jeden Glücksstunde singen, den Happytanz, den wir zur Halbzeit tanzen, die Glücksdusche, unter der jedes Kind einem anderen etwas sagt, was er oder sie besonders an ihr oder ihm mag, sowie die Sternenzeit am Ende, für die wir in den Ruheraum wechseln. Hier gibt es Kissen und Matratzen, auf die die Kinder sich verteilen, und wenn die Vorhänge zugezogen sind, bitte ich um Stille und wenn es endlich still ist frage ich, wer diese Stille als angenehm empfindet – und siehe da: Alle!
Meine Sternebox lässt zu sanfter Musik Sterne und Farben durch den Raum gleiten, die uns in eine andere Welt zaubern, im Anschluss gibt es eine kurze Reise an und ins Meer und ein Ritt auf Delfinen, die den Kindern Botschaften überbringen: „Mein Delfin sagt, dass er mich liebt, meiner sagt, dass ich lieber Fußball spielen soll, meiner, dass ich nach Hause möchte, meiner, dass ich stark bin…“.
Mittagessen:
Das Lehrerzimmer dient in diesem Schuljahr, bevor die Mensa im Neubau der Verbandsgrundschule fertig sein wird, als „Kinderrestaurant“. Die Kinder fühlen sich geehrt, denn dass Kinder in einem Lehrerzimmer, das ein Kinderrestaurant ist, zu Mittag essen dürfen, das gabs noch nie! Und tatsächlich – das Essen wird wirklich von einem italienischen Restaurant geliefert, ist abwechslungsreich, frisch und liebevoll zubereitet, und schmeckt uns allen!
Um die Tisch- und Bodendienste reißen sich die Kinder ganz entgegen meiner Erwartung, denn nach einem gut erledigten Dienst – Tisch oder Boden säubern – gibt es einen Stern, und nach 10 Sternen eine kleine Überraschung.
Wer fertig gegessen hat, darf am Spieltisch spielen oder malen oder lesen, bevor wir zusammen auf den Pausenhof gehen. Am Ende des ersten Essens liegt der Inhalt der Spielekiste verstreut auf Tischen und Boden, so dass es ab jetzt nur noch eine kleine Auswahl nach dem Essen gibt und die gesamte Spielekiste den Regenpausen vorenthalten bleibt.
Die Nachmittagsstunden verbringen wir bei schönstem Spätsommerwetter im Pausenhof, Glücksdinge finden. Ein Mädchen sagt, dass Liebe glücklich macht, woraufhin die Kinder begeistert ein Herz legen.
Die Kinder aus der 2f der Grundschule Krenmossstraße loten unsere Grenzen aus – auch hier erfahren wir, teilweise unter Tränen, dass es den Kindern zu laut ist im Klassenzimmer – kein Wunder, nachdem es kaum möglich ist, eine längere Periode der Ruhe zu generieren, zu sehr sind Einzelne damit beschäftigt, sich zu behaupten, gegen das System, das sie als einengend empfinden, vor den anderen Klassenkameraden. So wird es unsere gemeinsame Aufgabe sein, herauszufinden, wie die verschiedenen Bedürfnisse unter einen Hut zu bekommen sind, und einen Raum für Kompromisse zu finden, in dem gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt einziehen dürfen.
Auf dem Weg in den Pausenhof entdeckt ein Junge einen zwischen Verdunkelungsrollo und Scheibe eingeklemmten Schmetterling: sofort beteiligen sich alle Kinder mit Feuereifer an der Rettungsaktion: einer betätigt den Schalter, der zuständig für das Hinauf- und Hinablassen des Rollos ist, Andere rufen ihm zu, wie weit das Rolle nach oben bzw wieder nach unten gefahren werden darf, damit der Schmetterling immer wieder stückweise weiter nach unten flattern kann – es dauert einige Zeit und braucht Feingefühl, Teamgeist und Sorgfalt, doch zuletzt ist es geschafft, und der Schmetterling befreit: unter dem Jubel der Kinder fliegt er in den blauen Himmel seiner Freiheit!
Zu anderer Zeit geht es darum, eine gemeinsame Aufgabe zu meistern:
Die 2f ist eine Sonne, die Strahlen das, was die Kinder jeweils über sich selbst denken:
Und was macht die Kinder glücklich?
„Wir wollen Fußball und alle müssen mitmachen, sonst sind wir kein Team!“
„Mich macht glücklich, wenn meine Mama und mein Papa mich lieben!“
„Mich macht glücklich, wenn ich Freunde habe!“…
Und glücklich macht auch Ernten: Die reifen Tomaten in einem der Schulbeete vor dem Klassenzimmer sind Teil unserer Schulhofentdeckungstour – sie werden gepflückt und geputzt und gegessen und das bringt uns auf die Idee, ein eigenes Beet zu bepflanzen. Es gibt bereits ein paar Pflanzexperten in der Klasse. Nächste Woche geht’s los!
Gegenstände, die mich glücklich machen:
„Ich habe echte Sternschnuppen mitgebracht, die machen mich glücklich.“
„Meine Mama hat mir das selbst gemacht, und das andere erinnert mich an den Kindergarten, wo ich glücklich war, ich vermisse ihn.“
„Das hat mein Papa mir geschenkt.“
„Das ist sooo weich, das macht mich glücklich.“
Demokratiewoche:
Die Klasse ist die Crew eines Schiffes. Wir segeln bei bestem Wetter los und geraten in einen fürchterlichen Sturm. Nun ist es wichtig, dass jedes Kind den Platz einnimmt, an dem es sich am besten auskennt und einbringen kann. Wer ist Kapitän, wer Steuermann, und weshalb gerade die oder der? Wer repariert das Schiffsleck, wer kocht und wer verarztet? Wir müssen einander vertrauen können und aufeinander hören, um den Sturm heil zu überstehen.
Auch um die eigene Grenze geht es: ein Kind legt ein Seil um sich in dem Radius, der ihm angenehm ist, um so den eigenen Raum zu markieren. Wer darf hinein, wer muss draußen bleiben und wie schnell und entschieden muss mein STOP kommen, damit meine Grenze nicht überschritten wird?
Das Nein kommt meistens zu spät, doch die Kinder sind begeistert, wenn es dann klappt und sie selbst entscheiden, wer wie nah an sie herantreten darf. Nun wollen Alle diesen Kreis um sich legen, um im passenden Moment Näherkommende oder Eindringlinge zu stoppen, das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Jede(r) der dieses Setting erfolgreich gelernt hat, erhält ein Stück Goldfaden als Erinnerung. Er wandert in eine kleine Glückskugel, die jedes Kinder nach und nach füllen mit kleinen Glücksdingen füllen wird.
Un-Glück:
Während der Pausen geht es teilweise erschreckend „hart“ zur Sache: es wird nicht nur „als ob“, sondern „in echt“ gekämpft, wie ein Kind es ausdrückte. Es wird getreten, geschlagen, gewürgt.
Ich bitte die involvierten Kinder, sich selbst im Gesicht und am Hals zu betasten, um festzustellen, wie weich ihre Haut und ihr Körper sich dort anfühlt. „Ihr seid so verletzlich, jeder Mensch ist so verletzlich und braucht viel Schutz! In den Filmen, in denen Menschen kämpfen, wird niemand wirklich verletzt, die Schauspieler haben das geübt und spielen eine Rolle, es ist nicht echt, was ihr seht!“ Sie stellen viele Fragen dazu, sind überrascht und betroffen, als hörten sie dies zum ersten Mal.
Ich – Ich bin einzigartig – und damit ein wichtiger Teil des Ganzen: Im Schnitt gibt es etwa 7 verschiedene Nationalitäten in einer Klasse – welch Vielfalt und welch Herausforderung! Miteinander singen wir zum Abschluss der Demokratiestunden ein Lied mit Grußformeln in verschiedenen Sprachen, beginnen wird Demokratiestunde fortan mit einer Kinderkonferenz: was war und ist gut, was schlecht?
Und was tun wir mit dem, das uns schlecht erscheint? Können wir unsere Sichtweise darauf verändern, so dass es sich in einem anderen Licht zeigt? Oder gilt es auch, schlechte Zeiten einfach durchzuhalten? Und wie geht das?
Dem und Einigem mehr werden wir uns demnächst widmen.
So wünsche ich uns allen viel Glück und einen weisen Umgang mit den weniger glücklichen Momenten. Oder einfach – einen Glückstanz:
https://youtu.be/ZbZSe6N_BXs?feature=shared
Und hier zuletzt noch etwas für die „Großen Kinder“ unter uns..:
Das Märchen vom Glück (Erich Kästner)
Siebzig war er gut und gern, der alte Mann, der mir in der verräucherten Kneipe gegenüber saß. Sein Schopf sah aus, als habe es darauf geschneit, und die Augen blitzten wie eine blank gefegte Eisbahn. „Oh, sind die Menschen dumm“, sagte er und schüttelte den Kopf, dass ich dachte, gleich müssten Schneeflocken aus seinem Haar aufwirbeln. „Das Glück ist ja schließlich keine Dauerwurst, von der man sich täglich seine Scheibe herunterschneiden kann!“ „Stimmt“, meinte ich, „das Glück hat ganz und gar nichts Geräuchertes an sich. Obwohl …“ „Obwohl!?“ „Obwohl gerade Sie aussehen, als hinge bei Ihnen zu Hause der Schinken des Glücks im Rauchfang.“ „Ich bin eine Ausnahme“, sagte er und trank einen Schluck. „Ich bin die Ausnahme. Ich bin nämlich der Mann, der einen Wunsch frei hat.“ Erblickte mir prüfend ins Gesicht, und dann er zählte er seine Geschichte. „Das ist lange her“, begann er und stützte den Kopf in beide Hände, „Sehr lange. Vierzig Jahre. Ich war noch jung und litt am Leben wie an einer geschwollenen Backe. Da setzte sich, als ich eines Mittags verbittert auf einer grünen Parkbank hockte, ein alter Mann neben mich und sagte beiläufig: ‚Also gut. Wir haben es uns überlegt. Du hast drei Wünsche frei.‘ Ich starrte in meine Zeitung und tat, als hätte ich nichts gehört. ‚Wünsch dir, was du willst‘, fuhr er fort, ‚die schönste Frau oder das meiste Geld oder den größten Schnurrbart, das ist deine Sache. Aber werde endlich glücklich! Deine Unzufriedenheit geht uns auf die Nerven.‘ Er sah aus wie der Weihnachtsmann in Zivil. Weißer Vollbart, rote Apfelbäckchen, Augenbrauen wie aus Christbaumwatte. Gar nichts Verrücktes. Vielleicht ein bisschen zu gutmütig. Nachdem ich ihn eingehend betrachtet hatte, starrte ich wieder in meine Zeitung. ‚Obwohl es uns nichts angeht, was du mit deinen drei Wünschen machst‘, sagte er ‚wäre es natürlich kein Fehler, wenn du dir die Angelegenheit vorher genau überlegtest. Denn drei Wünsche sind nicht vier Wünsche oder fünf, sondern drei. Und wenn du hinterher noch immer neidisch und unglücklich wärst, könnten wir dir und uns nicht mehr helfen. ‘Ich weiß nicht, ob Sie sich in meine Lage versetzen können. Ich saß auf einer Bank und haderte mit Gott und der Welt. In der Ferne klingelten die Straßenbahnen. Die Wachtparade zog irgendwo mit Pauken und Trompeten zum Schloss. Und nebenmir saß nun dieser alte Quatschkopf!“ „Sie wurden wütend?“ „Ich wurde wütend. Mir war zumute wie einem Kessel kurz vorm Zerplatzen. Und als er sein weiß wattiertes Großvatermündchen von neuem aufmachen wollte, stieß ich zornzitternd hervor: Damit Sie alter Esel mich nicht länger duzen, nehme ich mir die Freiheit, meinen ersten und innigsten Wunsch auszusprechen: Scheren Sie sich zum Teufel!‘ Das war nicht fein und höflich, aber ich konnte einfach nicht anders. Es hätte mich sonst zerrissen.“ „Und?“ „Was, und?“ „War er weg?“ „Ach so! Natürlich war er weg! Wie fortgeweht. In der gleichen Sekunde. In nichts aufgelöst. Ich guckte sogar unter die Bank. Aber dort war er auch nicht. Mir wurde ganz übel vor lauter Schreck. Die Sache mit den Wünschen schien zu stimmen! Und der erste Wunsch hatte sich bereits erfüllt! Du meine Güte! Und wenn er sich erfüllt hatte, dann war der gute, liebe, brave Großpapa, wer er nun auch sein mochte, nicht nur weg, nicht nur von meiner Bank verschwunden, nein, dann war er beim Teufel! Dann war er in der Hölle. ‚Sei nicht albern‘, sagte ich zu mir selber. ‚Die Hölle gibt es ja gar nicht, und den Teufel auch nicht.‘ Aber die drei Wünsche, gab’s denn die? Und trotzdem war der alte Mann, kaum hatte ich’s gewünscht, verschwunden … Mir wurde heiß und kalt. Mir schlotterten die Knie. Was sollte ich machen? Der alte Mann musste wieder her, ob’s nun eine Hölle gab oder nicht. Das war ich ihm schuldig. Ich musste meinen zweiten Wunsch dransetzen, den zweiten von dreien, o ich Ochse! Oder sollte ich ihn lassen, wo er war? Mit seinen hübschen, roten Apfelbäckchen? ‚Bratapfelbäckchen‘, dachte ich schaudernd. Mir blieb keine Wahl. Ich schloss die Augen und flüsterte ängstlich: ‚Ich wünsche mir, dass der alte Mann wieder neben mir sitzt!‘ Wissen Sie, ich habe mir jahrelang, bis in den Traum hinein, die bittersten Vorwürfe gemacht, dass ich den zweiten Wunsch auf diese Weise verschleudert habe, doch ich sah damalskeinen Ausweg. Es gab ja keinen.“ „Und?“ „Was‚ und?“ „War er wieder da?“ „Ach so! Natürlich war er wieder da! In der nächsten Sekunde. Er saß wieder neben mir, als wäre er nie fortgewünscht gewesen. Das heißt, man sah’s ihm schon an, dass er … dass er irgendwo gewesen war, wo es verteufelt, ich meine, wo es sehr heiß sein musste. O ja. Die buschigen, weißen Augenbrauen waren ein bisschen verbrannt. Und der schöne Vollbart hatte auch etwas gelitten. Besonders an den Rändern. Außerdem roch’s wie nach versengter Gans. Er blickte mich vorwurfsvoll an. Dann zog er ein Bartbürstchen aus der Brusttasche, putzte sich Bart und Brauen und sagte gekränkt: ‚Hören Sie, junger Mann, fein war das nicht von Ihnen!‘ Ich stotterte eine Entschuldigung. Wie Leid es mir täte. Ich hätte doch nicht an die drei Wünsche geglaubt. Und außerdem hätte ich immerhin versucht, den Schaden wieder gutzumachen. ‚Das ist richtig‘, meinte er. ‚Es wurde aber auch höchste Zeit.‘ Dann lächelte er. Er lächelte so freundlich, dass mir fast die Tränen kamen. Nun haben Sie nur noch einen Wunsch frei‘, sagte er. ‚Den dritten. Mit ihm gehen Sie hoffentlich ein bisschen vorsichtiger um. Versprechen Sie mir das?‘ Ich nickte und schluckte. ‚Ja‘, antwortete ich dann, ‚aber nur, wenn Sie mich wieder duzen.‘ Da musste er lachen. ‚Gut, mein Junge‘, sagte er und gab mir die Hand. ‚Leb wohl. Sei nicht allzu unglücklich. Und gib auf deinen letzten Wunsch acht.‘ ‚Ich verspreche es Ihnen‘, erwiderte ich feierlich. Doch er war schon weg. Wie fortgeblasen.“ „Und?“ „Was‚ und?“ „Seitdem sind Sie glücklich?“ „Ach so. Glücklich?“ Mein Nachbar stand auf, nahm Hut und Mantel vomGarderobenhaken, sah mich mit seinen blitzblanken Augen an und sagte: „Den letzten Wunsch hab‘ ich vierzig Jahre lang nicht angerührt. Manchmal war ich nahe daran. Aber nein. Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat. Leben Sie wohl.“ Ich sah vom Fenster aus, wie er über die Straße ging. Die Schneeflocken umtanzten ihn. Und er hatte ganz vergessen, mir zu sagen, ob wenigstens er glücklich sei. Oder hatte er mir absichtlich nicht geantwortet? Das ist natürlich auch möglich.
Wer noch eine Glücksanregung möchte:
„Guten Tag, liebes Glück“ von Max Raabe:
https://youtu.be/DvAgZG1HJDs?feature=shared
von Kathrin Feldmann, Ganztagspädagogin