„Der Antisemitismus ist wie ein Chamäleon, er passt sich immer wieder den aktuellen Umständen an und kleidet sich neu ein.“
Jüngst fand im Max-Mannheimer-Studienzentrum der Vortrag „Antisemitismus und Verschwörungsmythen in der Weimarer Republik und heute.“ statt. Er gehört zur Veranstaltungsreihe „Gemeinsam gegen Hass und Hetze“, organisiert vom Runden Tisch gegen Rassismus sowie dem Kreisjugendring Dachau und gefördert von der Partnerschaft für Demokratie.
Zu Beginn erläuterte Nathalie Jacobsen allgemeine Fakten zum Thema Verschwörungsmythen und Antisemitismus. Danach haben Verschwörungsmythen oft einen antisemitischen Kern. Dieser ist religiös, rassistisch und/oder wirtschaftlich begründet. Durch diese ver-schiedenen Ansätze entstehen unterschiedlichste Mythen. Wenn es Niederlagen oder Schwierigkeiten in unserer Welt gab, wie jetzt die Corona-Pandemie, suchten und suchen viele Menschen jemanden, dem sie die Schuld zuweisen können. In vielen Fällen traf dies ganz pauschal und ohne jeden Anhaltspunkt „die Juden“. Daran anknüpfend führte die Referentin die Zuhörer*innen durch die Entstehungsgeschichte der Verschwörungsmythen. Sie berichtete von den angeblichen, schon früh als Fälschung entlarvten „Protokolle der Weisen von Zion“ und den späteren Umständen der Judenfeindlichkeit während der Weimarer Republik. Es wurde auf Mythen wie die Dolchstoßlegende (angeblich jüdischer Bolschewismus) und die vermeintliche jüdische Geldherrschaft eingegangen.
Eva Gruberová berichtete sodann über Antisemitismus und mit ihm verbundene Verschwörungsmythen in der heutigen Zeit. Beides wurde nach ihren Worten durch die Corona-Pandemie enorm verstärkt. Antisemitismus befindet sich mitten in unserer Gesellschaft, mit zuletzt stark steigender Tendenz. Das Problem in unserer Zeit sind zu großem Teil die sozialen Medien, wie beispielsweise TikTok oder Instagram, über die auch judenfeindliche Mythen rasend schnell verbreitet werden können. Dies geschieht häufig durch sogenannte Chiffren, welche auch immer wieder auf den Demos der sog. „Querdenker“ auftauchen.
Einsatz für die Demokratie und ihre Werte
Um Kinder und Jugendliche zum Thema Antisemitismus zu sensibilisieren, haben die beiden Referentinnen ein eigenes Seminar entwickelt. Sie wollen jungen Menschen vermitteln, dass sich die Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen nicht nur in der Vergangenheit abgespielt hat, sondern dies auch in unserer heutigen Zeit geschieht. Es wird dabei einen Tag intensiv über die Thematik des Antisemitismus und der Verschwörungsmythen referiert und diskutiert. Da es jedoch immer weniger Zeitzeug*innen aus der Zeit des Nationalsozialismus gibt, sollen in ihren Workshops junge jüdische Menschen von ihren Erfahrungen mit Antisemitismus im Alltag, zum Beispiel in der Schule, sprechen.
In der abschließenden intensiven Diskussion zeigten sich die Teilnehmer*innen insbesondere von der weiten Verbreitung der Verschwörungsmentalität schockiert. 38% (!) der Bundesbürger*innen sind danach offen für Verschwörungsmythen. Fazit des Abends war dann auch, dass es wichtiger denn je ist, sich gegen Antisemitismus sowie für unsere Demokratie und ihre Werte einzusetzen.
Gemeinsam gegen Hass und Hetze!
Unter dem Motto „Dachau bleibt bunt“ veranstaltet der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. gemeinsam mit dem Kreisjugendring Dachau eine sechsteilige Veranstaltungsreihe zum Thema „Gemeinsam gegen Hass und Hetze!“. Aus den unterschiedlichsten Perspektiven und mit spannenden digitalen sowie physischen Formaten nähern sich die einzelnen Angebote zwischen März und September 2021 diversen Aspekten von Rassismus. Alle Interessierten, jeden Alters, sind dazu eingeladen, an den Veranstaltungen teilzunehmen und in einen Dialog mit den Veranstalter*innen und deren spannenden Gästen zu treten.