Auch in diesem Jahr ging es, dank sorgfältiger und vorausschauender Organisation und Planung durch den Leiter der Studienfahrt, Leszek Sailer, am Montag, den 25.04.2024 um kurz nach 6 Uhr los auf die Fahrt nach Polen. Einige der Freiwilligendienst-Leistenden des MMSZ (Max-Mannheimer-Studienzentrum), der Gedenkstätte Dachau und weitere interessierte junge Menschen fuhren in diesem Jahr mit. Nach einigen Stunden Fahrt – erfüllt von Schlaf, Musik, reichlich Snacks und Pausen – kamen wir am späten Nachmittag im MDSM (Internationale Jugendbegegnungsstätte Oświęcim) an. Der Abend war dem Ankommen, Einrichten und dem Abendbrot gewidmet. Das Programm kannten wir Teilnehmende bereits und nutzen den freien Abend gerne zum gemeinsamen Plaudern in einer Bar.
In den beiden darauffolgenden Tagen widmete sich unser Programm insbesondere der Geschichte und den Verbrechen der Nationalsozialisten in Polen, aber auch der Geschichte von Polen selbst. Mit einer ersten Führung durch die Gedenkstätte des Stammlagers Auschwitz starteten wir am Dienstag in den Tag. Die verschiedenen Ausstellungen mit Fotos und Gegenständen der Zeit zwischen 1940 bis zur Befreiung 1945 ermöglichten uns einen Einblick in das Grauen und die massenhafte Vernichtung von all jenen Personen, welche nicht in das ideologische Denken der Nationalsozialisten gepasst hatten. Im Anschluss an das hervorragende polnische Mittagessen im MDSM ging es für uns zum Edukationszentrum der Gedenkstätte Auschwitz, wo wir von Jan Kapłon, dem Leiter der kunsthistorischen Abteilung der Gedenkstätte, vieles über jene Kunstwerke erfuhren, welche von den Häftlingen in der Zeit des Lagers angefertigt wurden und konnten währenddessen einige dieser Kunstwerke betrachten. Am Mittwochmorgen gingen wir mit unserem Guide Teresa auf das schier endlos erscheinende, von hohen Stacheldrahtzäunen umgebene Gebiet der Gedenkstätte Birkenau. Die Fakten über das damalige Arbeits- und Vernichtungslager und Erzählungen über die Schicksale einzelner der Inhaftierten, welche Teresa uns während der Führung über die Gedenkstätte gab, ließen trotz des sonnigen Wetters nahezu das Blut in den Adern gefrieren, wegen all des Grauens, welches sich auf diesen 171 Hektar vor weniger als hundert Jahren abgespielt hatte. Nachdem Teresa am Ende der Führung angekommen war und auch unsere letzten Fragen beantwortet hatte, ging es für die Gruppe des Kreisjugendrings Dachau zurück in das MDSM, in welchem ein weiteres mal leckeres Mittagessen auf die Teilnehmenden wartete, das alle für den darauffolgenden Besuch im neu erbauten Gerhard Richter Haus (und die Betrachtung der sich darin befindenden vierteiligen Gemäldearbeit mit dem Titel „Birkenau”) stärkte. Im Anschluss gab uns der Freiwilligendienstleistende des MDSM eine Führung durch das Jüdische Museum und dessen Synagoge in Oświęcim. Außerdem erzählte der FSJler des MDSM uns im Rahmen einer Stadtführung über die Stadt Oświęcim, welche von den Deutschen einst zu „Auschwitz” umbenannt wurde und vor der Besetzung durch die Deutschen im Jahr 1939 die Heimat für viele jüdische Menschen und Familien geworden war. In einer Reflexionsrunde nach dem Abendessen tauschten wir gemeinsam Eindrücke, Emotionen und Gedanken über das bisherige Programm und das in den letzten Tagen gesammelte Wissen aus.
Am nächsten Morgen ging es für uns mit dem KJR-Bus weiter nach Kraków, dort lauschten wir einer kurzen Führung durch das Galicia Jewish Museum in Kazimierz, dem Stadtteil in welchem vor der Zeit der Nationalsozialisten, jüdisches und christliches Leben synergierte und gedeihte. Im Anschluss bezogen wir unser Hotel, nur wenige Parallelstraßen entfernt vom Galicia Jewish Museum. Am Nachmittag hatte jede Person Zeit zum Erholen oder aber um die Stadt Kraków zu erkunden, bevor wir uns zum Abendessen in dem Gebäude des früheren jüdischen Bades(?), dem Klezmer-Hois, trafen. Dort wartete gutes polnisches Essen und eine Gruppe von Musiker*innen auf uns, die traditionelle Klezmer-Lieder spielten, während wir unser Essen genossen. Nach unserem Besuch waren wir alle fröhlich gestimmt und hatten volle Bäuche. Für die einen ging es im Anschluss weiter in eine Bar, die nächsten quatschen noch miteinander und zuletzt fanden alle ihren Weg zurück ins Hotelbett. Ausgeschlafen und erholt, starteten wir am Freitag um 10 Uhr bei über 20°C und Sonnenschein die Stadtführung durch Kraków. Wir erfuhren mehr über den Wawel, das Schloss und die anderen Gebäude auf diesem Kalksteinhügel, wanderten von dort hinunter in die Altstadt, vorbei an den historischen Gebäuden der Universität zum Krakauer Marktplatz und in die wunderschöne Marienkirche. Von dort aus spazierten wir zurück in den Stadtteil Kazimierz, in welchem wir mehr über den Stadtteil, dessen Geschichte und Bevölkerung sowie über die sich im Stadtteil befindenden Synagogen erfuhren. In der Mittagspause versorgte sich jeder selbst mit den liebsten Gerichten der polnischen oder auch internationalen Küche, auf welches das Zeitzeugengespräch mit Frau Monika Goldwasser im Galicia Jewish Museum anschloss. Frau Monika Goldwasser überlebte die Zeit des Nationalsozialismus nur, da ihre Eltern den Mut aufbrachten, sie bei einer nicht-jüdischen Familie vor den Deportationen zu verstecken. Frau Goldwassers Eltern wurden durch die Nationalsozialisten ermordet, und Frau Goldwasser selbst kam in ein Waisenhaus. Ein polnisches Ehepaar adoptierte Monika Goldwasser und musste sich von diesem Moment an selbst auch vor den Deutschen verstecken und das Leben, welches sie davor geführt hatten, aufgeben um sich selbst und ihre adoptierte Tochter Monika Goldwasser vor dem Tode zu bewahren. Frau Goldwasser selbst war ein junges Mädchen in der Zeit des von den Deutschen einverleibten Polens, forschte jedoch in später in ihrem Leben intensiv an ihrer eigenen Vergangenheit, ihren Wurzeln und familiären Hintergründen. Durch ihre Erzählungen wurde ein weiteres Mal klar, dass dies nie wieder passieren darf und sie gab uns folgendes mit auf den Weg: Niemals die Feindschaft zwischen Menschen und Völkern zu akzeptieren, denn Güte ist das höchste Gut, das wir haben.
Am letzten Abend speisten wir gemeinsam in einem Restaurant mit traditionell polnischer Küche, mit gut gefüllten Bäuchen ging es danach ins Bett und es wurden Schlaf und Energie für die Fahrt am nächsten Tag zurück nach Dachau getankt.
Zuletzt bleibt zu betonen: Erinnerungsarbeit ist gerade in Zeiten von erstarkendem Populismus und der Ausbreitung von Hass uns Diskriminierung wichtiger denn je! Unsere Demokratie und all ihre in der Verfassung geschriebenen Werte sind nicht selbstverständlich und es gilt, sich auch in Zukunft für diese demokratischen Werte und Strukturen einzusetzen, damit sich Gräueltaten, Völkermorde und alle anderen ideologischen Hass-Taten niemals wiederholen!
Ein Bericht von Magdalena Hübner