Bericht zum Workshop „Das Sprechen über den Islam zwischen antimuslimischem Rassismus und demokratischer Kritik“
Am 9. Mai 2017 fand im Max Mannheimer Haus der dritte und letzte Teil der vom Kreisjugendring Dachau in Zusammenarbeit mit dem Max Mannheimer Studienzentrum veranstalteten Workshop-Reihe „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – Herausforderungen für die Jugend- und Bildungsarbeit“ statt. Geführt wurde der Workshop von Dr. Floris Biskamp, Gesellschaftswissenschaftler an der Universität Kassel. Das Hauptthema waren die verschiedenen Formen, in denen über den Islam gesprochen, diskutiert und gestritten wird.
Anhand eines Filmbeispiels erläuterte Biskamp zunächst, welche zwei extremen Formen des Sprechens über den Islam, beziehungsweise Muslime, es aktuell gäbe. Auf der einen Seite stehen salafistische Extremisten, auf der anderen hetzerische Gegenbewegungen wie Pegida oder HoGeSa. Hier entsteht ein Dilemma, da beide Seiten sich gegenseitig zwar einen Ausdruck von Legitimität verleihen, aber nur Spitzen zweier viel größerer Eisberge darstellen. Deshalb ist es wichtig zu klären, wo berechtigte Kritik ihr Ende findet und antimuslimischer Rassismus beginnt.
Wichtig sei beim Gespräch über den Islam, dass zwar beide Seiten kritisiert, aber keine bedingungslos unterstützt werden sollen. Über Kultur soll laut Biskamp gestritten werden, denn nur so kann durch die Überarbeitung alter Überlieferungen eine soziale Gerechtigkeit für alle erreicht werden. Es sei auch durchaus legitim, Kritik an islamischen Aktivitäten zu üben, jedoch sollte nie verallgemeinernd die gesamte Glaubensrichtung, die in Wahrheit aus sehr heterogenen Strömungen zusammengesetzt ist, verurteilt und homogenisiert werden. Auch verzerrten Debatten, bei denen der Islam unbegründet kulturalisiert, übermäßig problematisiert sowie gezielt anhand von selektiv ausgewählten Aussagen in den Fokus gerückt wird, sind für einen konstruktiven Dialog nicht förderlich.
Abgeschlossen wurde der Workshop durch eine Gruppendiskussion über einen Satz, der von verschiedenen Personen ausgesprochen unterschiedliche Wirkungen entfaltet. Hier wurde schnell klar, dass die Rassismus- und Kritik-Begriffe zwar klar definiert sind, jedoch auch die aktuelle Situation eine Rolle bei der Bewertung bestimmter Aussagen spielt. So kann der Satz „Das islamische Kopftuch ist ein patriarchalisches Symbol einer patriarchalischen Tradition!“ von einer muslimischen Teenagerin kommend an ihren streng konservativen Vater gerichtet komplett anders gewertet werden als aus dem Mund eines islamfeindlichen politischen Aktivisten während einer Kundgebung. So wurde am Ende des Workshops deutlich, dass die Grenze zwischen antimuslimischem Rassismus und demokratischer Kritik noch immer ein schwieriges Unterfangen darstellt, das viel Fingerspitzengefühl erfordert. Der Workshop zeigte den Teilnehmenden jedoch auch, wie eine demokratische Kritik möglich ist, die Pauschalisierungen vermeidet und eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Islam und seinen unterschiedlichen Strömungen gewährleistet.